Kunst am Bau

Wasser als Gestaltungselement: Das Architekturbüro Gigon/Guyer platzierte 2001–2002 auf der ehemaligen stadtseitigen Gartenanlage vor dem Kollegiengebäude in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten Guido Hager (* 1958) ein langes, flaches Wasserbecken. (Bild: UZH)

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Architektur, Bildhauerei, Malerei

Wie an vielen anderen Stellen des Universitätsneubaus kommt auch beim unteren Haupteingang Karl Mosers Credo zum Ausdruck, Architektur im Zusammenwirken ihrer «Schwesterkünste» Bildhauerei und Malerei zu zeigen und «alle Möglichkeiten einer lebendigen Kunstentwicklung» auszuschöpfen.

Wasserbecken

Vor dem Eingang ist der Farbanstrich erst in neuerer Zeit zum Zug gekommen. Das Architekturbüro Gigon/Guyer hat 2001–2002 auf der ehemaligen stadtseitigen Gartenanlage vor dem Kollegiengebäude in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten Guido Hager (* 1958) ein langes, flaches Wasserbecken eingerichtet. Es ist mit dem unterirdischen neuen Hörsaal entstanden, der unter dem jetzigen Bassinplatz eingebaut wurde. Das Beckeninnere strahlte anfänglich anstatt in der zu erwartenden blauen oder graugrünen Färbung in einem Rotton sanft auf die Umgebung ab – allerdings erwies sich der rote Anstrich als undicht und musste bereits ersetzt werden, weshalb das Beckeninnere heute gelb ist.

Das vom Künstler Adrian Schiess ausgearbeitete Farbkonzept ist auch in den rötlich eingefärbten Beton der stadtseitigen Stützmauern des terrassierten Bassinsockels eingeflossen.

Schwerzmann-Brunnen

Wasser spielt auch direkt unter dem Säulenportikus (an der Wand links) eine Rolle. Dort versah 1914 der Bildhauer Wilhelm Schwerzmann (1877–1966) einen Wandbrunnen mit Jugendstilornamentik: Das ausbuchtende Brunnenbecken ist mit hochovalen, kristallenen und floral ausstrahlenden Reliefmedaillons verziert, das in der darüber liegenden konkaven Nische angebrachte Brunnenrohr wird von einem Pfauenpaar umrahmt, der obere Teil des die Nische bekrönenden kleinen Erkerfensters ist als Pflanzenrelief gestaltet. Zusammen mit den Pfauen weist es den Brunnen als Symbol des paradiesischen Lebensquells aus. Karl Moser lobte Schwerzmann dafür, «dass er die grosse architektonische Form durch die Ornamente zu steigern» suche und damit einer «Errungenschaft der romanischen und gotischen Periode» folge.

Kassettenreliefs am Portikus

Weitere Bildhauerarbeiten am Portikus steuerte Otto Kappeler (1884–1949) bei. In seinen Kassettenreliefs in den Bogenlaibungen des Portikus kommt unter anderem Melusine vor, die auch in einem seiner beiden Wandbrunnen im sogenannten Rondell (in der Wandelhalle beim Haupteingang an der Rämistrasse) als Sternzeichen der Jungfrau präsent ist. Des Weiteren erblickt man allerlei von Fauna und Flora inspirierte Ornamentik, Fabelwesen, Putti, kreisende Planeten, Zahnrad, Lyra, Segelschiffe, Wappenschild, Schlange und Echse, Ammonit und weitere Symbole, als gelte es wie bei skulptierten Kapitellen in mittelalterlichen Kirchen den ganzen physischen und metaphysischen Kosmos abzubilden und seine Geschichte zu erzählen.

Pferdegruppen und Urnenvasen

Von Kappeler stammen auch die das Zwischenpodest der Vortreppe flankierenden beiden Pferdestatuen aus Würenloser Muschelkalkstein, die erst nach der Einweihung dank einer Schenkung von Dr. Martin Schindler-Escher realisiert wurden. Die Figuren sollen Kappeler zufolge «symbolisch zum Ausdruck bringen, wie der junge Mann [!] nach Vollendung seiner akademischen Studien in’s Leben hinaustritt». Die erste Skulpturengruppe war bis 1916 fertig; bei ihr wird das Pferd, an dessen linker Flanke ein älterer Mann sich aufstützt, von einem unter ihm kauernden teuflischen Dämon behindert. Die zweite Gruppe wurde 1919 fertiggestellt; da wird das Pferd (mit auf ihm reitenden Jüngling), gestützt von Adler und Schlange, von Minerva, der Göttin der Weisheit, an den Nüstern geführt. Die Gruppen könnten in ihrer Aussage nicht unterschiedlicher sein: Die erste ist verharrend und passiv, die zweite mutig vorangehend und aktiv.

Bis zur Renovation der Universität 1965 und zum Bau der Mensa 1969 waren auf dem Rasen der stadtseitigen Gartenanlage – anstelle des jetzigen Wasserbeckens – ausserdem zwei Urnenvasen von Kappeler aufgestellt. Die von den Pferdestatuen weiter entfernte umlief ein Reigen mit Mädchenakten zwischen blühenden Ranken, die nähere ein Jünglingsreigen zwischen Blätterzweigen. Letztere befindet sich heute – stark verwittert – die Künstlergasse aufwärts im kleinen Vorgarten des ehemaligen Biologischen Instituts (KO2).

Weitere Bauplastik

Vom westlichen Haupteingang aus bietet der Weg entlang der Umfassungsmauer vor dem Biologischen Institut, die Künstlergasse hoch, weitere bauplastische Arbeiten. Zuerst geht man an einem kleinen schmiedeeisernen Tor vorbei, das zum balkonbekrönten Eingang des ehemaligen Archäologischen Instituts führt und von zwei kauernden Akten Kappelers, einer gedankenversunkenen Frau und einem sinnierenden Mann, flankiert wird. Weiter oben erblickt man einen analogen Eingang zu Diensträumen des Biologischen Instituts, den zwei sitzende Halbakte von Paul Osswald rahmen; sie sollen Maria und Joseph darstellen. In dieser Deutung nehmen sie eine besondere Rolle ein, kontrastieren sie doch als Paar der unbefleckten Empfängnis die im dahinterliegenden Institut vertretene Lehre. Dass Karl Moser die Evolutionslehre nicht rein naturwissenschaftlich verstand, führen die kleinen Brüstungsreliefs in den Fensterbahnen vor, die die beiden oberen Geschosse voneinander trennen.

Kappeler schuf hier, passend zum heute noch hinter der Fassade befindlichen Zoologischen Museum, ein barockes Panoptikum an bio- und zoomorphen Motiven. So wechseln sich Fratzen mit Ornamenten u. a. in Blüten- oder Bienenform ab. Offensichtlich hatte sich Kappeler auch an dem um die Jahrhundertwende publizierten Buch Prof. Ernst Haeckels zu Kunstformen der Natur orientiert. Der Evolutionsbiologe Haeckel hatte damals an der Universität Zürich eine besondere Stellung: Der Zoologe Prof. Arnold Lang (1855–1914), der in Jena bei Haeckel doktoriert hatte, präsidierte beim Universitätsneubau die Baukommission des akademischen Senats. Auf Haeckels Bilderbuch gehen eindeutig die Reliefs mit Fledermaus und Kofferfisch zurück.

So gelangen Sie zur nächsten Station

Die nächste Station (21) ist das Zoologische Museum. Um dorthin zu gelangen, gehen Sie die Strasse hinauf und biegen dann bei der nächsten Verzweigung in die Strasse rechts ein, wo sich unübersehbar das Portal des Zoologischen Museums befindet. Gehen Sie in der Eingangshalle bis zur Glastür des Zoologischen Museums vor.