Vorprojekt und Wettbewerb

Von der Baukommission verworfen: Vorentwurf des renommierten Architekten Alfred Friedrich Bluntschli für ein Universitätsgebäude. (Skizze vom Juni 1907, gta Archiv, ETH Zürich)

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Lange Planungsphase

Dem Bau von Karl Mosers Universität ging eine längere Planungsphase voraus. Anfangs 1906 wurde eine Baukommission des akademischen Senats unter dem Präsidium des Zoologen Arnold Lang (1855–1914) eingesetzt. Es existiert ein von Alfred Friedrich Bluntschli (1842–1930) ausgearbeiteter Vorentwurf. Im August 1907 erfolgte dann die öffentliche Ausschreibung eines Wettbewerbs.

Das Vorprojekt Bluntschlis

Bluntschli war ein renommierter Architekt und Architekturprofessor am Eidgenössischen Polytechnikum (heute ETH). Er folgte 1881 auf den Lehrstuhl, den Gottfried Semper (1803–1879) von 1855 bis 1871 innehatte. Semper war der Begründer der Bauschule und Erbauer des Polytechnikums, in dessen Südflügel die Universität von 1864 bis 1914 untergebracht war.

Im Februar 1906 erhielt Bluntschli vom Regierungsrat des Kantons Zürich den Auftrag zur Erarbeitung von Skizzen für die Neubauten der Universität Zürich. Zwischen Februar 1906 und März 1907 erarbeite er einen ersten Entwurf. In darauf folgenden Sitzungen kritisierten Mitglieder der Baukommission, darunter sein Professorenkollege vom Polytechnikum, Gustav Gull (1858–1942), den Entwurf Bluntschlis, der den schwierigen topografischen Gegebenheiten nur wenig angepasst war, sondern mit grossen Erdverschiebungen und einer Terrasse die Geländeunebenheiten auszugleichen suchte. Gull forderte eine Anpassung der Gebäudedisposition an das Terrain. Nicht das Gelände solle dem Gebäude, sondern das Gebäude dem Gelände angepasst werden.

Aufgefordert, diese Anregungen zu prüfen, entwarf Bluntschli in kurzer Zeit eine Variante seines Vorprojekts, bei der das Kollegiengebäude und das Biologische Institut zusammengelegt sind.

Im Juni 1907 kam es zur entscheidenden Sitzung der Baukommission, in der Bluntschlis überarbeiteter Entwurf jedoch keine Mehrheit fand. Der Regierungsrat entschied, einen Wettbewerb «unter den in der Schweiz ansässigen und aus der Schweiz stammenden Architekten» auszuschreiben. Bluntschli konnte nur noch konstatieren, dass ihm damit «tatsächlich der Auftrag entzogen» war. Sein Entwurf wurde 1907 lediglich als «Vorarbeit zur Aufstellung eines Wettbewerbprogramms» in der Schweizerischen Bauzeitung publiziert.

Prämierte Wettbewerbsprojekte

Unter den 34 Entwürfen, die bis zur Eingabefrist Ende Januar 1908 eingereicht wurden, erhielt das Projekt mit dem Titel «Künstlergut» von Curjel & Moser den ersten Preis. Die Wettbewerbsjury lobte an Curjel & Mosers Projekt, dass im Vergleich zu Bluntschlis Vorprojekt das Kollegiengebäude zur Bergseite hin zurückgelegt sei und so «die gewünschte Anpassung an das Terrain, die Erzielung eines genügenden Vorplatzes auf der Westseite vor dem Kollegiengebäude und eine gute Gruppierung der Baumassen gegen die Stadt» erreicht würde.

Bei der Beurteilung der Wettbewerbseingaben spielte ausserdem eine Rolle, inwiefern sie sich für künftige Erweiterungen eigneten.

Das Siegerprojekt

Was sind die Besonderheiten von Curjel & Mosers Wettbewerbsprojekt? Gegenüber dem ausgeführten Bau weist es einige Unterschiede auf. Eine Detailperspektive mit einer Variante des turmartigen Eckaufbaus, der als Scharnier zwischen Biologischem Institut und Kollegiengebäude fungiert, zeigt, wie der stadtseitige Eingang zum Kollegiengebäude noch erhöht angelegt und über eine Freitreppe erschlossen ist. Ausser dem noch nicht in seiner endgültigen Höhe von 65m projektierten Turm betrifft ein weiterer wesentlicher Unterschied zum ausgeführten Bau die Gestaltung der Kollegienhausfassade an der Rämistrasse: Vorgesehen war anstelle der dann gebauten Eingangshalbrotunde ein fünfachsiger, parallel zur Fassade geradlinig vorspringender Portikus, der von einer Balustrade mit sechs Statuen bekrönt und mit einem auf ein Attikageschoss folgenden flachen Glockendach abgeschlossen worden wäre.

Die Jury hielt zudem fest, dass der Eingang zum Biologischen Institut als eingeschossiger, konvexer Portikus, der zudem aus der Symmetrieachse heraus um eine Achse zur Stadtseite hin verschoben ist, «eine bedeutendere Ausgestaltung erfahren» dürfe. Die Anregung wurde mit dem dann umgesetzten monumentalen Portikus, der in die Symmetrieachse der Fassade zurückverschoben wurde, auch aufgegriffen.

Insgesamt legten Curjel & Moser jenes Wettbewerbsprojekt vor, das die geforderte Anpassung an das Terrain durch die Anordnung der einzelnen Gebäudeteile am konsequentesten löste, nämlich so, dass der gesamte Gebäudekomplex in sich durch eine radikale Asymmetrie charakterisiert wird. Der Universitätsneubau entspricht so dem Gelände als «Gebäudeberg», dessen Gipfel mit dem turmartigen Eckaufbau die Massen ordnend zusammenhält.

Einer der wichtigsten Pluspunkte des Siegerprojektes war ausserdem, dass zoologische und archäologische Sammlungen gut zugänglich waren.

So gelangen Sie zur nächsten Station

Die nächste Station (18) befindet sich vor dem Eingang West des Hauptgebäudes. Sie gelangen dorthin, indem Sie durch die Eingangstür ins Freie treten.