Wandelhalle

Mehr Schein als Sein: Die Kreuzgewölbe des Wandelgangs wirken massiv, sind jedoch eine Leichtkonstruktion. (Bild von 1914, gta Archiv, ETH Zürich)

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Rondell

Hinter der Haupttreppe verbirgt sich wie schon 1914 ein Buffet, das sogenannte Rondell. Das Rondell ist an beiden Seiten sind mit blaugründigen Vignetten von Paul Bodmer (1889–1983) geschmückt, auf denen Blütenarrangements und Vögel in der Art pompejanischer Wandmalerei abgebildet sind.

Kappelers Astrologie-Wandbrunnen

An der Aussenseite der Rondell-Wand befindet sich ein Wandbrunnen von Otto Kappeler (1884–1949) mit einem Männerakt. Ein Pendant dazu befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite des Rondells – dort mit einem Frauenakt.

Tierkreiszeichen bestimmen die Ornamentik. Den Rundbogen des Männer-Brunnens bekrönt die Jungfrau, dargestellt als Wasserfee mit doppeltem Fischleib. Auf Schulterhöhe wird der Akt von den Zeichen für Löwe und Stier flankiert, die Rahmenbasis ist links als Skorpion, rechts als Waage ausgebildet.

Dazwischen tauchen über dem niedrigen Brunnenbecken die beiden Fische aus dem in Stein gemeisselten Wasser auf, mit ihren Köpfen das Brunnenrohr anpeilend, das den Mund eines aus dem Ufergebüsch hervorlugenden Froschkopfes besetzt.

Am Brunnen mit dem Frauenakt sind die restlichen Tierkreiszeichen angebracht. In Verbindung mit Kappelers Himmelskörper-Reliefs, den Planeten über der abschliessenden Brüstung der Haupttreppenrotunde, gesellt sich hier zur Astronomie die niedriger platzierte Astrologie, die so als eine Anfangsquelle wissenschaftlicher Erkenntnis interpretierbar wird.

Konstruktion und Idee der Wandelhalle

In der Flucht der vor ihnen liegenden Wandelhalle befindet sich die Tür des ehemaligen Rektoratszimmers, erkannbar ist es an seiner reich ornamentierten Umrahmung.

Im Bereich der Wandelhalle vor dem Rektorat lassen sich einige Beobachtungen zu konstruktiven und formalen Besonderheiten von Karl Mosers Universitätsneubau erklären.

Der Erdgeschossboden wurde in Beton gegossen, der Rondell-Komplex und die lichthofseitigen Arkaden der Wandelhalle dagegen sind gemauert. Auch Hohlsteine kamen zum Einsatz. Sechs Säulen aus Urner Granit tragen beidseitig der Haupttreppe jeweils das Kreuzgewölbe der Wandelhalle.

Diese Kreuzgewölbe sind entgegen ihrem massiven Schein eine Leichtkonstruktion: Sie wurden in sogenanntem Rabitz-Drahtputz hergestellt, das heisst aus einem Drahtgeflecht, das dann verputzt wurde. Die Gewölbe lassen so ebenso wenig wie die Arkadenmauern ihre Konstruktion erkennen: Auch letztere wurden glatt verputzt.

Eine vergleichbare «Scheinarchitektur» bieten die gekuppelten Säulen, die in die erdgeschossigen Arkaden der Wandelhalle sowie in die Kolonnaden der daran anschliessenden Seitengänge hineingestellt sind. Es handelt sich hier um hohle Kunststeinsäulen, die von Otto Kappeler auf der Seite der Wandelhalle mit romanisierenden, geometrischen und vegetabilen Ornamenten versehen wurden.

Das Verbergen der konstruktiv relevanten Materialien hat bei Mosers Universitätsbau System. Nicht auf eine Demonstration der Konstruktion, sondern auf die Evokation einer gewissen Architekturstimmung kam es ihm an. Schon frühere Universitätsbauten hatten das Stimmungspotential von Arkadengängen genutzt. Prominente Beispiele aber, wie in München (1840) oder Wien (1884), suchen mit Neorenaissance-Formen einen palastartigen Ausdruck zu erzeugen. Bei Mosers Zürcher Universität hingegen geht es am Ort der erdgeschossigen Wandelhalle offensichtlich darum, die Nutzerinnen und Nutzer klösterlich einzustimmen.

So gelangen Sie zur nächsten Station

Die nächste Station (11) befindet sich an der gegenüberliegenden Seite der Wandelhalle, an der Tür zum ehemaligen Rektoratszimmer (KOL E 5). Sie können die Tür mit der üppig skulpturierten Rahmung von ihrem Standort aus bereits sehen.