Aula

Rechter Eingang zur Aula, flankiert von Büsten des Theologen Alexander Schweizer und des Rechtswissenschaftlers Alois (auch Aloys) von Orelli. (Bild: Frank Brüderli, UZH)

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Phönix über dem Eingang

Von der Haupttreppe aus gelangt man in die Wandelhalle des zweiten Obergeschosses, wo sich direkt gegenüber den beiden Treppenläufen die Eingangstüren der Aula (KOL-G-201) präsentieren. Die steinernen Rahmen der intarsiengeschmückten Türblätter werden von Supraporten bekrönt, die je als Phönix ausgebildet sind. Otto Kappeler (1884–1949) hält in seiner Darstellung genau den Moment fest, in dem sich der mythische Vogel mit ausgebreiteten Schwingen verjüngt aus der Flammenglut empor zu heben scheint.

Farbiger Marmor

Mit Aula bezeichnet man die grossen, für akademische Feierlichkeiten und öffentliche Versammlungen bestimmten Säle in Universitätsgebäuden. Die repräsentative Funktion der Aula lässt sich auch an ihrer Grösse und Ausstattung ablesen, wobei speziell die sakralen Elemente auffallen.

Die Aula der Universität Zürich erstreckt sich als einziger Raum im Hauptgebäude über zwei Stockwerke, ist mit farbigem Marmor ausgekleidet und mit einer imposanten, stuckierten Kassettendecke versehen. Seitlich von der Rednertribüne sind zwei mit Holz vertäfelte, gestufte Emporen, eine davon mit einer anlässlich des Universitätsneubaus gestifteten Orgel. Der Raumabschluss ist halbrund, und durch die hohen Rundbogenfenster dringt viel Licht ein. An den Wänden finden sich Büsten von bedeutenden Zürcher Professoren, darunter der Architekt des Hauptgebäudes Karl Moser.

Ferdinand Hodlers Entwurf für das Wandbild

Karl Moser hatte für die Stirnwand ursprünglich Ferdinand Hodler (1853-1918) vorgesehen, den er für den damals grössten zeitgenössischen Künstler hielt. Hodler bekam 1913 den Direktauftrag für ein Honorar von 20’000 Franken – trotz der hohen Summe nicht einmal die Hälfte dessen, was Hodler damals für grosse Leinwandbilder verlangte.

Das Gemälde kam schliesslich wegen Hodlers Tod nicht zustande. Überliefert sind zahlreiche Skizzen und Entwürfe, die unter dem vorgesehenen Titel Floraison entstanden. Allerdings wäre Hodlers Aula-Gemälde ohne das offenbar erwartete historische Thema ausgekommen; es hätte vielmehr seinem Blick in die Unendlichkeit (1916) für das Treppenhaus von Karl Mosers Zürcher Kunsthaus geglichen, an dem er parallel zum Aula-Auftrag gearbeitet hatte. Es wird vermutet, dass Hodler in Floraison einen Kontrast zur herrschenden männlichen Kriegswelt schaffen und mit der tanzenden Frauengruppe die Utopie einer lebensfrohen, fruchtbaren Frauenwelt betonen wollte.

Wandfresko von Paul Bodmer (1886-1983)

Erst auf die Jahrhundertfeier im Jahr 1933 wurde das fehlende Aulabild erneut zum Thema. Die zuständige Kommission war von einem Entwurf Giacomettis nicht überzeugt und fragte Paul Bodmer, der sich mit seinen Fresken im Kreuzgang des Fraumünsters inzwischen einen Namen gemacht hatte, um einen Entwurf an.

Dass es den Professoren und Behörden dabei um die Rehabilitierung von Bodmer ging, dessen Wandmalereien 15 Jahre zuvor auf vehemente Ablehnung gestossen waren und schliesslich beseitigt wurden, bestätigen die Kommissionsprotokolle.

Waldiges Arkadien

Bodmers 1933 aufgetragenes Fresko trägt den Titel Nicht-Wissen oder auch Nicht-Wissen-Können. Der Maler fand beide Titel zufriedenstellend. Das Wandfresko ist fast neun Meter lang und vier Meter hoch. Es zeigt eine Gruppe junger Frauen in einem waldigen Arkadien, versammelt um ein Brunnenbecken. Die Kleider sind in sanften Farben dargestellt und wirken leicht und luftig. Eine Anlehnung an die Antike wird bei der Betrachtung der Figuren spürbar.

Ursprünglich war nur ein Kreis von weiblichen Figuren für das Wandgemälde vorgesehen. Auf Wunsch des Kommissionsmitglieds und Kunstgeschichtsprofessors Heinrich Wölfflin fügte Bodmer noch Knaben hinzu – nicht zum Vorteil des Bildgedankens.

Später bedauerte Bodmer dies, da nun «viil z’vil Lüt druf» seien. Die zurückhaltende Farbigkeit des gesamten Gemäldes vermittelt den Eindruck von Ruhe und Idylle. Bodmers Bild wirkt sanft im Hintergrund, so dass sich der Betrachter selbst aktiv in die dargestellte Szene einfühlen muss.

Zurück zu etablierteren Formen

Bodmer hat sich für sein Werk ganz offensichtlich am Wandbild Le bois sacré («Der heilige Hain») an der Sorbonne orientiert, das von Puvis de Chavannes zwischen 1887 und 1889 geschaffen wurde.

Auch mit Holders Entwurf ist Bodmers Aula-Fresko verwandt. Wie bei Hodler wird das Gemälde von einer Frauenreihe dominiert. Wo Hodlers Frauen aber tanzen und Lebensfreude ausstrahlen, sind sie bei Bodmer züchtig und in sich gekehrt.

Bodmer ist sich in der Auseinandersetzung mit historischen Bildformen und -themen treu geblieben. Gegenüber seinen Arbeiten der 1910er Jahre, wo ihn das sogenannt «Primitive», der einfach spontane und persönliche Ausdruck interessierte, vollzieht Bodmer mit seinen klassischeren Malformen allerdings einen bewussten «Rückschritt» in den Naturalismus.

So gelangen Sie zur nächsten Station

Die nächste Station (5) handelt von Churchills Auftritt an der UZH. Sie befindet sich am selben Standort: vor der Aula.