Nordfassade

Eingang zum ehemaligen Biologiegebäude (heute KO2), dessen Fassadengestaltung an die Warenhausarchitektur der Zeit um 1900 erinnert. (Bild: UZH)

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Vis-à-vis der ETH

Verlässt man das Zoologische Museum durch den Eingang des ehemaligen Biologiegebäudes (heute KO2) an der Karl Schmid-Strasse, erblickt man zwischen den beiden 1914 von Hermann Haller geschaffenen steinernen Liegefiguren, einem weiblichen und einem männlichen Akt, den Südflügel der ETH. Er beherbergte während eines halben Jahrhunderts, von 1864 bis 1914, die Universität Zürich. Die einander gegenüberliegenden Fassaden der beiden Hochschulen erlauben auch einen Vergleich ihrer unterschiedlichen Konstruktion und Form.

Fassadengestaltung

Karl Moser selber hatte dargelegt, dass er «die Gliederung der Fassade […] aus dem heutigen grossen Lichtbedürfnis im Innern des Hauses entwickelt» habe. Dazu war ein Flächenbau ungeeignet, wie er mit den Neo-Renaissanceformen von Gottfried Sempers Eidgenössischem Polytechnikum (der heutigen ETH) und seinen in die Mauern eingeschnittenen Fenstern vorliegt. Moser wählte den Pfeilerbau, bei dem die zwischen Pfeilern eingespannten Wandflächen in Fenster aufgelöst sind.

Seine prominente Ausgestaltung hatte das Pfeilerbauschema in der Warenhausarchitektur gefunden, so in Alfred Messels um 1900 gebautem Warenhaus Wertheim in Berlin. Wie dieses Beispiel zeigt, orientiert sich der Pfeilerbau an der Wandgestaltung der mittelalterlichen Gotik. Das wird auch an den von Curjel & Moser kurz nach Baubeginn des Warenhauses Wertheim errichteten Karlsruher Wohn- und Geschäftshäusern Weiss & Kölsch sowie Büchle deutlich (beide 1898–99).

Wie bei diesen und den modernen Geschäftshausfassaden, die Curjel & Moser in St. Gallen realisierten, unterteilte Moser beim Universitätsneubau die Fensterflächen des Biologiegebäudes (KO2) in drei durch Steinrippen gegliederte Bahnen – anders als bei der Fassade des Kollegiengebäudes (KOL).

In die Wandfelder zwischen den Geschossen sind durchwegs Reliefs eingefügt, die beispielsweise Affen oder Eichhörnchen zeigen. Man könnte hier die Figuren über ihren naturwissenschaftlichen Bezug hinaus symbolisch auffassen: die Reihe der Hasenreliefs als Fruchtbarkeitssymbol, die der Pelikane als Christussymbol oder die der Eulen als Weisheitssymbol.

Portal

Moser hat eine für einen Hochschulbau höchst unkonventionelle Portallösung entwickelt. Der Eingang wird von zwei Paar gekuppelter Kolossalsäulen flankiert, die einen in die Dachzone übergreifenden Segmentgiebel tragen. Die konkave Einbuchtung der Giebelzone setzt sich in der gesamten Zone zwischen den Kolossalsäulen fort.

Ein von Wilhelm Schwerzmann (1877–1966) in biomorpher Ornamentik reliefierter breiter Rahmen schmückt die Eingangstür.

In der konkaven Giebelzone befindet sich ein von Paul Osswald (1883–1953) geschaffenes Relief (1913) einer sitzenden Frau. Die gemeisselte Inschrift weist sie als unüblicherweise nackte Minerva aus (die römische Variante der griechischen Weisheitsgöttin Athena). Ihre Sitzgelegenheit ist als Weltkugel gedeutet worden. Doch es handelt sich um den Schild der Minerva, auf dem sie sich niedergelassen hat – zweifellos ein Zeichen dafür, dass ihre kriegerischen Fähigkeiten nicht mehr gefragt sein sollen. In ihrer rechten, ausgestreckten Hand hält Minerva ein Architekturmodell – wie an der Turmkuppel zu erkennen ist, das Modell der Universität Zürich. So wird hier Minerva ihrer Funktion als Schutzherrin der Künstler und Lehrer gerecht. Mit dem Modell in der Hand ist Minerva zugleich, trotz klassizistischer Nacktheit, in der Pose mittelalterlicher Stifterbildnisse dargestellt.

Gartenanlage

Vor der Fassade des Biologiegebäudes wurden die zwei heute noch vorhandenen Teiche angelegt. In ihrer symmetrischen Anordnung beidseitig des Eingangs entsprechen sie einerseits Repräsentationsansprüchen, wie sie etwa barocke Anlagen auch hatten, andererseits wurden sie vom Zoologischen Institut als Fischteiche genutzt.

Diese Mischung aus Repräsentation und Forschungsnutzen fand sich auch beim kleinen Vorbau, der den nordöstlichen Gartenteil nach dem Teich abschliesst. Er enthielt Stallungen hinter drei Rundbogen, deren beide seitlichen Türbögen mit Schmiedeeisengittern abgeschlossen waren. In die mittlere Bogennische wurde der heute noch vorhandene barocke Fassadenbrunnen aus dem Künstlergütli eingesetzt, das für den Universitätsneubau abgerissen worden war. Heute sind die Stallungstüren zugemauert, die einstige Balustrade als Wandabschluss ist entfernt, die Wand selber erhöht und hinter den ehemaligen Stallungsmauern die Einfahrt zur unterirdischen Garage eingebaut.

So gelangen Sie zum Ausgangspunkt

Sie sind am Ende des Rundgangs angelangt. Wir hoffen, die Tour hat Ihnen gefallen. Wenn Sie im Uhrzeigersinn um das Hauptgebäude herumgehen, kommen Sie zurück zum Ausgangspunkt vor dem Haupteingang an der Rämistrasse. Auf Wiedersehen!