Turm

Das Hauptgebäude mit dem Turm von Westen gesehen. Der Architekt Karl Moser schrieb 1914, der Turm sei «ohne Absicht zu einem Wahrzeichen der Stadt Zürich geworden». Der Turm war anfangs in dieser markanten Ausprägung und Höhe gar nicht geplant. (Bild: UZH)

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Neue Nutzung

Als Gast erhält man beim Besuch im Restaurant uniturm den Eindruck, dass man sich gewissermassen in einem Hochhaus befindet. Die vom Architekten Stefan Zwicky (* 1952) 2006 in den oberen Turmgeschossen konzipierte Gaststätte öffnet den Blick in alle Himmelsrichtungen über Stadt und See. Der im Saal schwebende Leuchter, eine porzellanene Lichtskulptur der Keramikerin Madlaina Lys unterstreicht die Exklusivität. Damit hat sich seit der Zeit, als Karl Moser die Universität baute, einiges geändert. Die Zweckbestimmung des hohen Raums war zuerst offen gelassen. Bevor das Restaurant eingebaut wurde, diente er u. a. als Fechtsaal. Karl Moser selber schrieb 1914, der Turm sei «ohne Absicht zu einem Wahrzeichen der Stadt Zürich geworden», da er anfangs gar nicht geplant war.

Der Turm als verbindendes Element

Der Universitätsturm hat beim stadtseitigen Eingang an der Künstlergasse eine Höhe von 65 m. Schon 1914 war er mit einem «elektrischen Personenaufzug» über alle Geschosse erschlossen. Der fast quadratische Grundriss des Turms deckt die Schnittstelle ab, an der die beiden gegeneinander versetzten Volumen des Biologischen Instituts und des Kollegiengebäudes ineinander geschoben sind. Karl Moser verstand den Turm als Element, das die beiden Gebäudekomplexe zusammenhält. In ihm fänden sie «ihre Krönung und Vollendung», einen «harmonischen Ausklang» ihrer unterschiedlichen Anordnung und Gestaltung.

Den Bereich des Turmuntergeschosses deckt stadtseitig der dreiachsige Säulenportikus ab, darüber setzt ein über vier Geschosse reichender, durch schmale Steinrippen gegliederter Scheinerker an, über dem ein weiteres Geschoss mit konsolengestützter Balustrade diesen Turmteil abschliesst. Mit einem allseitigen Rücksprung, der für die Aussichtsgalerie Platz schafft, folgt der zweigeschossige, durch Pilaster und barockisierende Fenstereinbuchtungen gegliederte Aufbau, in dem sich heute das Restaurant befindet. Nach einem weiteren, verdachten Rücksprung ruht auf einem Attikageschoss der kupferbedeckte Turmhelm, den eine durchbrochene Laterne bekrönt. Seine Nobilität empfängt Mosers Universitätsturm durch die umliegenden Zürcher Kirchtürme (Predigerkirche, Kirche Fluntern), mit denen er sich misst.

Entwicklung und Wirkung des Turms

Der Universitätsturm, der zu seiner Zeit so singulär aus dem Zürcher Häusermeer herausragte, muss als Beitrag zur damaligen Hochhausdiskussion verstanden werden. Zwar bildeten Türme auch damals schon akzentuierende Elemente von Universitäten, wie der Wettbewerb für ein Kollegiengebäude in Freiburg i. Br. von 1902, in dem Curjel & Moser unterlegen waren, zeigt. Bei ihrem Zürcher Turm (und auch beim gleichzeitig errichteten Turm des Badischen Bahnhofs in Basel) orientierten sich Curjel & Moser an einer Reihe von Turmbauten und an einer Debatte, die in Europa als Echo auf die amerikanische Hochhausarchitektur verstanden werden kann.

Moser entsprach mit seinem Universitätsturm einer Auflage des Bauprogramms zum Wettbewerb von 1907, wo die «gute Eingliederung der Bauten in das Stadtbild» gefordert wurde. Beim Wettbewerbsprojekt war der spätere Turm allerdings noch als niedrigerer Eckaufbau gestaltet, der erst mit dem Bauprojekt von 1910 zum veritablen Turm aufgestockt wurde. Damals war für den Turmabschluss ein Satteldach vorgesehen. Gegenüber dem Satteldach hat der schlussendlich umgesetzte Turmabschluss mit barockisierendem Glockendach den Vorteil, von allen Seiten mit gleicher Silhouette wahrgenommen zu werden. Entsprechend wurde 1914 nicht nur der «Vertikalismus» des unregelmässig ans Gelände angeschmiegten Universitätsneubaus gelobt, der durch den Turm gesteigert würde, sondern auch die dadurch gewährleistete «Fernwirkung»: der Turm verleihe «dem Ganzen nach allen Richtungen die ihm zukommende Bedeutung im Stadtbild».

Die Zürcher Polytechniker sprachen im Hinblick auf Mosers Universitätsturm denn auch schon 1914 vom «äusserlichen Verlust unsrer repräsentativen Alleinherrschaft», wie sie gegeben war, als Gottfried Sempers Polytechnikum (heutige ETH) das Stadtbild Zürichs noch allein dominierte.

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